Was sehen wir, wenn wir scheinbar nichts sehen? Wie verhalten wir uns, wenn uns die Referenzpunkte zum
Betrachten von Werken entzogen werden? Auf der Suche nach Parametern zur Wahrnehmung von Bildern befragt
der Berliner Fotokünstler Stefan Heyne (*1965) in seinen meist großformatigen Arbeiten die Grundprinzipien der
Fotografie. Indem Schärfe und Wiedererkennbarkeit nicht zum Bildinhalt werden, bricht er mit den konventionellen
Sehgewohnheiten. Stefan Heyne hat in den vergangenen zehn Jahren eine neue Position in der zeitgenössischen Fotografie
geschaffen. Gleichwohl greift er mit dem Prinzip der Unschärfe auf ein weit verbreitetes Stilmittel in der Kunst
der Gegenwart zurück. Dieses steigert er bis zur vollkommenen Offenheit der Form. Die abgebildeten
Gegenstände, vornehmlich Landschaften, Alltagsobjekte und Innenräume, werden auf ein spannungsvolles
Wechselspiel von Licht und Schatten reduziert. Dadurch entfaltet sich die suggestive Kraft seiner Arbeiten. Ebenso
verliert der Bezug des Motivs zum realen Ort der Aufnahmesituation seine zentrale Bedeutung.
In seinen jüngst entstandenen Fotografien kehrt Stefan Heyne dieses Prinzip um. Aus dem Flugzeugfenster heraus
fotografiert er den sich ihm darbietenden Himmel in der Dämmerung scharf. Dieser, wolkenlos oder über den
Wolken, setzt sich aus einem reinen horizontalen Farbverlauf zusammen. Obwohl der Künstler das Panorama
im klassischen Sinne »abbildet«, erzeugt er jedoch Bilder, welche das reine Licht in seinem ganzen Farbspektrum
filtern und dadurch unscharf wirken. Damit wirft Stefan Heyne die Frage auf, ob die Realität eigentlich unscharf ist,
und schafft die in seinem Werk bisher radikalste Abstraktion. In der Unschärfe tritt die Erhabenheit der
Weite verstärkt hervor und mitunter scheint Unendlichkeit auf. Mit seinen konsequent unscharfen Arbeiten steht Stefan
Heyne an der Nahtstelle einer inhaltlichen wie auch ästhetischen Abkehr vom Dokumentarischen hin zu einer
neuen Abstraktion. Die Fotografie ist nicht länger mehr Abbild, sie ist das Bild. Die Städtische Galerie Dresden realisierte erstmals eine raumgreifende, architekturbezogene Arbeit im Oeuvre des Künstlers. In der Installation »The Enlightenment« wurde der Besucher durch das Prinzip der Unschärfe mit der Unendlichkeit konfrontiert.